Samstag, 6. April 2013

Resilienz oder "das Immunsystem der Seele"

Man kennt das. Da steht ein Serienmörder vor Gericht und kommt mit einer Bewährungsstrafe davon, weil er ja eine „so schwere Kindheit“ hatte. Da kommt nicht wenigen Menschen der Gedanke, dass ja (gottseidank) längst nicht jeder Mensch, der in seiner Kindheit schreckliche Dinge erlebt hat, zum Serienmörder wird, sondern mitunter auch ein erfolgreicher Geschäftsmann (oder eine erfolgreiche Geschäftsfrau, natürlich). Warum können manche Menschen einschneidende Erlebnisse besser verarbeiten und andere nicht? Oder warum können manche Menschen Stress oder „alltägliche“ Tiefschläge und Misserfolge besser verkraften als andere? Die Fähigkeit „Krisen durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen“ (Quelle) bezeichnet man als Resilienz, Menschen, die diese Fähigkeit besitzen, bezeichnet man als resilient (für meine Rechtschreibkorrektur zumindest scheint dies eine neue Information zu sein ;).

Was man tun kann, um sein körperliches Immunsystem zu stärken, sollte inzwischen bekannt sein. Gesunde, ausgewogene Ernährung, Bewegung an der frischen Luft, regelmäßiges Händewaschen, ausreichend Schlaf, … man kennt die Ratschläge, die Herbst für Winter durch Zeitungen und Zeitschriften wandern (in Kombination mit der sporadischen Einnahme von Vitamin C und Zink als Nahrungsergänzungsmittel habe ich selbst es tatsächlich ohne eine einzige Erkältung durch den Winter geschafft ;)).

Was kann ich nun aber tun, um meine eigene Resilienz – mein seelisches Immunsystem – zu stärken? Kann ich überhaupt etwas dagegen tun, oder ist diese Fähigkeit angeboren oder durch äußere Umstände bestimmt? Ergebnisse bisheriger Studien sagen: sowohl als auch.

Kinder aus gut behüteten, reichen und bildungsnahen Familien sind resilienter als solche aus armen Problemfamilien. Wer hätte das gedacht. Aber auch andere Faktoren können eine ähnliche, wenn nicht sogar größere Rolle spielen, die Selbstwirksamkeitserwartung (Quelle) beispielsweise. Wenn mir etwas Gutes widerfährt, war es dann einfach nur Glück, oder ist es mein eigener Verdienst? Und, wahrscheinlich noch wichtiger: Bin ich ein kompletter Versager, weil mir etwas Schlimmes passiert ist, oder hatte ich einfach nur Pech? Wie man sich denken kann, sind Personen besonders resilient, die positive Dinge mit ihrer Kompetenz, negative Dinge jedoch lediglich mit „Pech“ begründen, oder ein Scheitern zumindest nicht allzu persönlich nehmen. Somit ist der Selbstwert nicht automatisch an Erfolg gekoppelt und man ist in Krisen eher in der Lage, diese als Herausforderungen zu betrachten und realistische Ziele zu setzen.

Manchen Leuten scheint diese Fähigkeit angeboren, ich persönlich bin aber davon überzeugt, dass man sie mit ein wenig Übung auch noch im hohen Alter erlernen kann. Es erfordert, meiner Meinung nach, nur eine ständige Erinnerung und Bewusstmachung daran, dass ich trotz Misserfolge nicht automatisch ein schlechter Mensch oder sogar weniger liebenswert bin. Genauso sollte man sich so oft wie möglich die eigenen Erfolge vor Augen führen und diese nicht mit einem "ach, da hatte ich wohl einfach nur Glück" abtun.

Noch ein weiteres Ergebnis einer Studie (Quelle siehe oben) möchte ich euch nicht vorenthalten. Die amerikanischen Psychologinnen Emmy Werner und Ruth Smith untersuchten in den siebziger und achtziger Jahren das Resilienz-Phänomen. Sie begleiteten vierzig Jahre lang 698 Kinder des Geburtsjahrgangs von 1955 der hawaiischen Insel Kauai, darunter manche, die bei Geburt mehreren Belastungen ausgesetzt waren: chronische Armut, geringe Bildung, psychische Krankheit eines Elternteils. Das Ergebnis: Alle resilienten Erwachsenen hatten in ihrer Kindheit oder Jugend eine stabile Beziehung zu einer Bezugsperson, einem Mentor, Lehrer oder Freund, es musste sich dabei nicht zwangsläufign um ein Elternteil handeln.

Wie resilient schätzt ihr euch ein, dh. wie gut könnt ihr mit Tiefschlägen und Stress umgehen? Wie geht ihr mit Erfolg bzw. Misserfolg um? Hattet/ Habt ihr eine stabile Beziehung zu einer oder mehreren Bezugspersonen?

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